Darm und Gehirn kommunizieren miteinander

Darm und Gehirn im Gespräch

Das Darm und Gehirn kommunizieren ist ein spannendes Feld der Wissenschaft. Es gibt zahlreiche Nervenverbindungen zwischen dem Darm und unserem Gehirn. Dabei führen 90 Prozent des Informationsflusses aufwärts zum Gehirn hin. Diese Informationen aus dem Verdauungssystem nehmen wir meist nicht bewusst wahr, aber sie erzeugen eine Art Hintergrundrauschen, welches sich positiv wie negativ darstellen kann. Wir haben dann so ein „Bauchgefühl“ oder „Schmetterlinge im Bauch“. Natürlich verlaufen auch in umgekehrter Richtung, also vom Kopf zum Bauch Nervenverbindungen. Obwohl der Darm autonom gesteuert wird, kann emotionaler Stress oder ein traumatisches Ereignis zu Übelkeit, Krämpfen, Durchfall oder auch Erbrechen führen.

Bei Angststörungen kommt es häufig zu Durchfällen, während Menschen mit Depressionen eher zur Verstopfung neigen. Es verändert sich also aufgrund der emotionalen Lage der Informationsfluss bzw. Gehalt in Richtung Verdauungsorgane. In einer Versuchsreihe des Center for Gastroenterological Research in Löwen/Belgien wurde untersucht, wie sich Stress auf die Nahrungsaufnahme auswirkt. Die Wissenschaftler zeigten gesunden Versuchsteilnehmern, die gerade eine Mahlzeit zu sich nahmen, verschiedene Gesichtsausdrücke und dazu neutrale oder angsteinflößende Tonaufnahmen. Zeitgleich wurde bei den Probanden die Ausdehnung des Magens gemessen. Das Ergebnis: Die Teilnehmer, die unter Stress gesetzt wurden, hatten eine geringere Ausdehnung des Magens als Personen, die entspannt essen konnten. Ganz nach dem Motto „ich habe es satt“, wurde also bei belastenden Situationen ein früheres Sättigungsgefühl erreicht.                                                                                                        Nun ist dieser Umstand dem sportlichen Training ähnlich – je häufiger wir ihn trainieren, desto konstanter und stärker wird dieser Zustand. Kinder, die ständig Bauchschmerzen beklagen, leiden möglicherweise unter sozialen Spannungen am Esstisch. Auch Besprechungen und Meetings zum Mittagessen gehören dazu. Über ein frühzeitiges Sättigungsgefühl, Schmerzen oder Spannungen klagen Menschen mit sogenannten funktionellen Oberbauchbeschwerden. Dabei kann der Arzt organisch nichts feststellen, aber die Funktion läuft nur eingeschränkt ab.

Darm und Gehirn – Bauch und Kopf

Das Stress unsere Verdauung beeinflusst hat einen evolutionären Sinn. In einer akuten Situation sollten wir Flüchten oder kämpfen können. Unter Stress muss unser Körper so viel Energie wie möglich in so kurzer Zeit wie unbedingt nötig mobilisieren. In dieser Situation wird also die Energiezufuhr für die Verdauungsorgane unterbrochen und z. B. der Skelettmuskulatur zur Verfügung gestellt. Es ist auch unnötig auf der Flucht Ballast mit sich herum zu schleppen. Daher neigen wir dazu, rasch und häufig Blase und Darm zu entleerenBei diesem „Stress-Vorgang“ schüttet ein Teil des Gehirns ein Hormon mit der Bezeichnung Cortico-Releasing-Hormon (CRH) aus. Diese Ausschüttung kann je nach Stressempfinden und Dauer des Stressors unterschiedlich intensiv geschehen. Die CRH Moleküle docken nun an Verbindungsstellen des Magen-Darm-Traktes an. Das veranlasst nun Zellen der körpereigenen Abwehr wiederum Informationsaustausch zu betreiben und so reagiert unser enterisches Nervensystem mit Durchfall, Erbrechen oder Übelkeit. Evolutionär ist das durchaus sinnvoll. Denn schädliche Substanzen durch z. B. verdorbenes Essen oder natürliche Pflanzengifte können so schnell ausgeschieden werden. Diese Situation habe ich Anfang 2013 nach dem Verzehr von Pestiziden auf der Oberfläche einer Frucht selbst mit heftigsten kolikartigen Schmerzen und Durchfall bis hin zur Einweisung in eine Klinik erlebt.

In unseren obigen Beispielen sind jedoch keine Toxine, sondern die Daueraktivierung des Stresssystems durch psychische Belastungen das Problem. Die genannten Zellen der Körperabwehr konnten aber auch bei den gleichen Belastungen in der Schleimhaut der Speiseröhre in verstärkter Konzentration nachgewiesen werden. Dort erweitern sie die Zwischenräume der Schleimhaut. Der saure Verdauungssaft kann dann ungehindert hindurchtreten und das darunter liegende Gewebe reizen. Das erklärt, warum wir unter Stress Sodbrennen bekommen können oder „sauer“ sind. Die Darmschleimhaut, die als Schutzbarriere dienen sollte, durchlässig wird. Körperfremde Substanzen (bspw. Gluten) und Bakterien können so leichter in den Organismus eindringen und so zu Entzündungsgeschehen führen. Diese sorgen nun für ein Sickness-Behavior. Der Körper unternimmt alles um Energie zu sparen. Damit singt die Motivation, Entscheidungsfreudigkeit und Stimmung.

Nährstoffe für Kopf und Bauch

Wenn wir nun von einer nicht optimalen Verdauung ausgehen, müssen wir uns auch um die Aufnahmefähigkeit von Fett, Protein, Kohlenhydraten und von Mineralstoffen, Vitaminen etc. Gedanken machen. Kann bspw. Fett nicht ausreichend resorbiert werden, sinkt die Membranflexibilität von Zellen und damit auch der Kommunikationsaustausch zwischen ihnen. Eine gereizte Magenschleimhaut produziert kaum noch Intrinsic Faktor für die Aufnahme von Vitamin B12. Dieses Vitamin ist aber nötig für die Bildung der Schutzschicht um unsere Nervenfasern und spielt eine große Rolle als Co-Faktor in der Produktion von Serotonin.

Happy Life

interessanterweise wirken Antidepressiva bei Magen-Darm-Beschwerden wie einem Reizdarmsyndrom (Blähung, Bauchdruck, Übelkeit, Verstopfung und/ oder Durchfall) sehr gut. Diese Medikamente wirken auf den Serotonin-Spiegel. Serotonin ist ein Hormon, welches übersetzt werden kann mit der Information: wohlfühlen, glücklich sein. Ist der wirksame Spiegel an Serotonin zu niedrig, kann dies die Stimmung aber eben auch den Verdauungstrakt beeinflussen. Serotonin wirkt im Gehirn, aber über 70 % werden im enterischen Nervensystem, also im Bauch hergestellt.

Aber was ist nun der Stimmungsmacher schlechthin, der sich auch positiv auf meine Verdauung auswirkt? Bewegung! Und am besten in einer Umgebung, die Freude macht, unser Immunsystem dort fordert, wo es benötigt wird, und das in Kombination mit lösungsorientierten Ansätzen – ob mental oder ernährungsbezogen. Auch Kreativität wie in meinem Artikel Kreativität macht glücklich und gesund bietet Möglichkeiten dem ganzen auf die Sprünge zu helfen.