Lifestyle Medikamente und das Ischgl Phänomen

Lifestylemedikamente erleichtern uns täglichen Verpflichtungen und Wünschen trotz Krankheit nachzugehen. Gleichzeitig birgt deren Einsatz große Risiken für seinen Anwender, wie das Ischgl Phänomen erklärt.

Was ist ein Lifestyle Medikament? Dazu zählen Arzneimittel, die eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Erhöhung der Lebensqualität als Ziel haben. Sie dienen also nicht der Bekämpfung einer Erkrankung, sondern eines besseren Wohlbefindens. Zu ihnen zählen Viagra, aber auch Schmerzmittel, Fiebersenker und Entzündungshemmer wie Ibuprofen, Aspirin, Diclofenac (Voltaren) oder Celecoxib. Sie sind frei verkäuflich und damit für jeden zugänglich.

Und was hat das mit Ischgl zu tun?

Stelle dir einmal vor, du wärst Barkeeper. Du arbeitest in einer Apres`Ski Bar in Ischgl. Du wachst morgens auf und fühlst dich schlapp. Der Kopf schmerzt, die Gelenke, auch. Schweiß steht dir auf der Stirn und das Fieberthermometer zeigt 38,6 Grad. In wenigen Stunden beginnt deine Schicht. Und weil du deinen Mindestlohn aufbessern musst, bist du auf das Trinkgeld in deiner Arbeitsschicht
angewiesen. Du bist also festentschlossen auch an diesem Tag anzutreten. Obwohl eine fiese Infektionswelle durch die Medien geht und du vielleicht bereits infiziert sein könntest. Und schon greifst du zu einer ibuprofen Tablette – ein Lifestylemedikament. Schon eine Stunde später, geht es dir deutlich besser und das Fieber sinkt. Du ziehst deine Schicht durch. Bist du bereits gesund? Nein, kein bisschen! Du hast lediglich dein Immunsystem an seiner natürlichen Arbeit gehindert. Es betäubt. Du gehst in diesem Moment nicht nur das Risiko eines längeren Infektionsverlaufs, sondern auch von Folgeschäden wie einer Herzmuskelentzündung ein. Auch wird dein Immunsystem dadurch seine Arbeit bei späteren Infektionen nicht mehr ordentlich durchführen. So wird diese oder eine spätere Entzündungsreaktion nicht mehr vollständig abklingen. Sie bleibt unterschwellig als „Silent Inflammation“ erhalten und verursacht eine Menge blöder Dinge.

Herzlichen Glückwunsch!

Nicht nur du hast dir jetzt Schaden zugefügt, sondern du bist auch zu einem Spreader für infektiöse Keime geworden. Unser Immunsystem ist sehr egoistisch. Mit Hilfe von Botenstoffen sorgt es für dieses unangenehme Krankheitsgefühl wie Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit, Müdigkeit. Mit Hilfe von Husten, Niesen und deinem jetzt nicht gerade „salonfähigen“ Erscheinungsbild hält es andere Menschen von dir fern und befördert möglichst viele Keime aus Rachen, Nase und Lunge um die Menge an Keimen zu verringern. Eine heilsame Entzündung, die Keime abtötet, drückt sich in Form von Fieber aus.

Sickenss Behavior

Dein Immunsystem würde dich niemals unter Menschen gehen lassen. Es will, dass du dich zurückziehst, schonst und die eingesparten Kräfte der körpereigenen Abwehr zufließen lässt. Diese Reaktion nennt man in der Medizin Sickness Behavior.
Nachdem du all die Symptome unterdrückt hast, bist du nun für dein Umfeld nicht mehr als kränklich und damit potenziell infektiös erkennbar. Du wirst damit zum Spreader für krankmachende Keime.
Vielleicht kannst du dich aber auch nicht mit einem Barkeeper identifizieren. Ok, dann stell dir vor, du hast das ganze Jahr hart gearbeitet und es ist kurz vor Weihnachten. Dein Urlaub ist gebucht. Ab auf die Piste. Anschließend möchtest du den anstrengenden Tag auf Skiern in einer Bar ausklingen lassen. Aber upsHöhensonne schwitzen, frieren und ungewohnte Anstrengung haben dich etwas überfordert und die Symptome einer Infektion oder Entzündung (siehe oben beim Barkeeper) flammen auf. Die Urlaubswoche ist kurz und teuer. Im Bett liegen ist keine Option. Rein mit der Lifestyle Pille und ab auf die zweite Piste. In der feucht-warmen Luft einer Bar verbreiten sich die Keime prima über den Luftweg und die Nähe zu anderen Gästen. Auch du bist jetzt ein Spreader, riskierst eine Herzmuskelentzündung und entgleist dein Immunsystem. Nicht gerade sinnvoll, oder? 

Doping für Otto Normal

Es ist verführerisch, mit einer einzigen Pille Linderung zu erzeugen. Am Spaß des Lebens oder seinen Aufgaben trotzdem teilnehmen zu können. Viele Sportler „dopen“ sich gerade im Amateurbereich zum Tennis-, Fußball- oder Stadionplatz. Und das sind mehr, als man sich vorstellen kann! Die Profis stehen hier in nichts nach, jedoch sind diese unter enger medizinischer Überwachung und verdienen ihr Geld mit ihrer Leistungsfähigkeit.
Im Business stehen Arbeitsplatzerhalt und das Vermeiden von Schwäche zeigen an vorderster Front. Hier geht man schnell und meist auch läge Zeit über seine Grenzen hinweg. Meiner Erfahrung nach, lohnt es sich, dass einmal für sich zu überprüfen.
Lifestylemedikamente sind in Politik und Medien nicht diskutierter Pandemietreiber, ganz gleich ob Grippe, Covid oder …. Für deren Anwender sind sie aber ein enormes Risiko. Nicht immer bei der ersten Anwendung, aber auf Dauer in jedem Fall! Neben den gesamtgesellschaftlichen Diskussionen über Löhne, Arbeitsplatzsicherheit und Bereitschaft sollten wir auch an unsere Eigenverantwortung denken. Gehen wir gut mit unserem Körper um, hören auf seine Signale und geben ihm Ruhe, die er braucht, kann das Sickness Behavior ablaufen und das Immunsystem wird für vollständige Gesundheit sorgen.